Grundsanierung der A 111

Die Deutsche Einheit Fernstraßenplanungs- und -bau GmbH DEGES beauftragte die Arge Schüßler-Plan/VIC mit der Planung der Grundsanierung der A 111 unter obligatorischer Anwendung der BIM Planungsmethode.

Die Stadtautobahnen im Berliner Westen gehören zu den Abschnitten mit den höchsten Verkehrsbelastungen in Deutschland. Strecke und Bauwerke stammen aus den 1950er bis 1980er Jahren und sind in hohem Maße sanierungsbedürftig. Die Grundsanierung der A 111 erstreckt sich vom AD Charlottenburg bis an die Landesgrenze Berlin/Brandenburg. Parallel zu diesen Maßnahmen im nördlichen Abschnitt der Autobahn laufen Maßnahmen auf der A 100 im südlichen Abschnitt, wie die Umgestaltung des AD Funkturms und der Ersatzneubau der Westenbrücke und der Rudolf-Wissell-Brücke. Allen Sanierungsmaßnahmen ist gemein, dass bei der Planung komplexe Randbedingungen eines hochverdichteten, innerstädtischen Umfelds zu berücksichtigen sind. Zudem sollen die bauzeitlichen Verkehrseinschränkungen aufgrund der hohen Auslastung so minimal wie möglich ausfallen. Dieser Artikel beschreibt den digitalen Auftakt zur Planung für die Grundsanierung der A 111, dargestellt durch den Anwendungsfall „Bestandsmodell”.

Das Projekt im Detail

Die Bundesautobahn (BAB) A 111 verläuft im nordwestlichen Berliner Stadtbereich mit einer Gesamtlänge von rund 13 km und wurde abschnittsweise zwischen 1979 und 1987 als Bundesstraße gebaut. Bis 2004 wurde sie schrittweise zur Autobahn umgewidmet. Ziel der Planung ist die Sicherstellung der Leistungsfähigkeit und Sicherheit der A 111 mit einem Zeithorizont von 50 Jahren, in dem nur noch Unterhaltungsmaßnahmen erforderlich werden. Im Zuge der Sanierung werden auch die Ausstattung und teilweise die Entwässerung der A 111 erneuert.

Aufgabenstellung, Ziele und Vorgaben der DEGES

Planungsgrundlage für die Grundsanierung ist das integrierte Verkehrs- und Baukonzept der DEGES mit Beantwortung der Fragestellungen „Wie kann gebaut werden?“, „Was muss gebaut werden?“ und der Zusammenführung „Was kann wie gebaut werden?“ Zu Beginn erstellte die DEGES die Auftraggeber-Informations-Anforderung (AIA) mit den dazugehörenden Anlagen. In der AIA sind die relevanten Informationen und Spezifikationen zur Leistungserbringung der Auftragnehmer vorgegeben. Entsprechend der BIM Ziele findet im nächsten Schritt, auf Basis der Anwendungsfälle und den in der AIA beschriebenen Anforderungen an die Liefergegenstände und die Modellqualität, die Modellerstellung statt. Die gemeinsame Bearbeitung und der Zugriff aller Mitarbeiter auf dieselben Daten (SSOT) erfolgt auf der DEGES-CDE als Kooperations- und Koordinationstool. Unter anderem werden Teil- und Fachmodelle workflowbasiert koordiniert, geprüft und zusammengeführt. Für die Erstellung der Bestandsmodelle wird das card_1 Modul Bestandsmodellierung genutzt. Nachdem die Vorgaben zu Bestandsmodellen der DEGES ausgewertet und konstruktiv, partnerschaftlich abgestimmt wurden, konnten 3D-Oberflächenmodelle erstellt werden. Hier galt es, die folgenden wesentlichen Punkte zu 3D-Modellen zu klären und in den Zusammenhang mit den Projektanforderungen zu bringen:

  • Struktur (Fachmodell/Teilmodell/Bauteile)
  • Geometrie – Level of Geometry (LOG) (Genauigkeit, Segmentierung)
  • Attribute – Level of Information (LOI) (Eigenschaften)
  • Darstellung (Material, Farbe)
  • Dateibenennung (Dateinamenskonvention)

Grundlagen für die Bestandsmodellierung

Die Grundlage für die Bestandsmodellierung bilden in erster Linie die Vermessungsdaten. Diese werden über mobiles Laserscanning im Bereich der Fahrbahnen und ergänzend mit tachymetrischen Messungen bestimmt. Auch DGM-Daten von Bruchkanten und Topografie werden in card_1 importiert, geprüft und strukturiert. Ein besonderes Augenmerk liegt auf der reibungslosen Modellierung des Bestandes. Maßgebend hierfür sind konsistente Daten, eine gute Datenqualität hinsichtlich des Inhalts und der Struktur sowie der reibungslose Austausch über leistungsfähige Schnittstellen mit geringem Informationsverlust. Weitere Quelldaten für die Bestandsmodellierung sind Bestandsleitungen, die über Leitungsabfragen eingeholt und zum Teil aus analogen Unterlagen nachmodelliert werden müssen. Hieraus ergibt sich ein erhebliches digitales Entwicklungspotential für die Leitungsträger, das eingefordert werden muss, um der BIM Methode gerecht zu werden. Die digitalen Anforderungen an die Grundlagen sind im Hinblick auf die attribuierte und modellhafte Weiterverarbeitung wesentlich erhöht und müssen in sehr guter Qualität vorliegen, um künftig einen hohen Automatisierungsgrad zu erzielen und den – gegenwärtig noch hohen – Anteil an manueller Aufbereitung zu reduzieren.

Erstellung des Bestandsmodells in card_1

Als Quelle dienen die eingelesenen, weiter qualifizierten Topografie- und DGM-Daten, die mit großem Engagement BIM-gerecht aufbereitet wurden. Es erfolgten zum Beispiel neue Schichteneinteilungen, Strangbildungen, Umringbildungen, Kodierungen und Stützpunktverdichtungen für Höhentreue. Die aufbereiteten Quelldaten wurden im Anschluss erfolgreich qualifiziert. Die Modellgenerierung wird über die Kodezuweisung und die in den Excelvorlagen definierten Bauteildefinitionen vorgenommen. Im Anschluss werden die Daten in das Koordinationsmodell übergeben und einer Qualitätssicherung unterzogen.

Schnittstelle

Aufgrund der hohen Anzahl an Projektbeteiligten entstehen viele einzelne Teilaufgaben innerhalb des Projektes. Die Anforderungen an ein klar definiertes Schnittstellenmanagement sind daher besonders hoch. Sie werden im Koordinationsmodell neben 3D-Schnittstellen der nativen Fachmodelle auch durch 2D-Raumflächen definiert. Hier zeigte sich bereits, dass die Aufgabenteilung am 3D-Modell unter Nutzung der BIM Arbeitsmethode eine Verbesserung darstellt und hilft, Konflikte oder Fehler zu vermeiden.

Erstellung des Koordinationsmodells mit DESITE

Grundsätzlich werden im Koordinationsmodell Bestand alle Fach- und Teilmodelle zusammengeführt, die für die Planung von Abbruch, Sanierung und Neubau sowie der Bauablaufplanung und Baulogistik erforderlich sind. Hierzu gehören die vorhandenen verkehrlichen Anlagen inklusive Entwässerung, Leitungsbestand, Brückenbauteilen, Stützwänden, Trog und Tunnelbauteilen im Kollisionsbereich der Strecke, Anlagen Dritter im Einflussbereich, Schutzgüter, die Raumwiderstands- und Planungsraumanalyse aus Umwelt/Natur sowie alle relevanten städtebaulichen Bestandsdaten. Bei diesem Projekt werden folgende Modelle für den Bestand integriert:

  • FM Vermessung: Digitales Geländemodell mit Übergabeformat XML
    - ALKIS: Umgebungsmodelle (LOD2) –Datenformat CityGML
    - Orthofotos: Quelle FIS-Broker Berlin –Datenformat Tiff
  • FM Verkehrsanlage mit Ausstattung, Entwässerungseinrichtungen und Versorgungsleitungen Softwareeinsatz: card_1 - IFC/CPIXML als neutraler Datenaustausch
  • FM Ingenieurbauwerke mit Brücken, Stütz- und Lärmschutzwänden sowie Trog- und Tunnelbauwerken im Konfliktbereich mit den Verkehrsanlagen Softwareeinsatz: Revit – IFC als neutraler Datenaustausch

Darüber hinaus ist die Integration folgender Modelle vorgesehen:

  • FM Umwelt
  • FM Baugrund

Herausforderungen

Die Grundsanierung von rund 13 km Autobahn im komplexen innerstädtischen Umfeld stellt nicht nur höchste Anforderungen an die Planung, sondern auch an die technische Umsetzung. Folgende Punkte werden bei der Planung besonders berücksichtigt:

  • Koordination interner und externer Leistungsgrenzen
  • Datenaufbereitung, Modellierung und Qualitätssicherung in Gesamtmodellen
  • Kompensation fehlender Schnittstellen und softwareübergreifenden Bibliotheken, z.B. Übergabe von texturierten 3D-Symbolen
  • Multiuserproblematik mit vielen Teilprojekten (Datenhaltung/Datenmanagement, Aktualität)
  • Vorbereitung, Import und Verarbeitung von GIS-Daten
  • 3D-Leitungsmodellierung auf Basis von 2D-Plänen
  • Organisation der Ablagestruktur und Abstimmung der Dateinamenskonvention
  • Anzahl der Modelle im Koordinationsmodell (Performance, Verwaltung)

Ausblick

Der nächste Schritt ist der Anwendungsfall „Planungsvariantenuntersuchung“. Das wesentliche Ziel dabei ist, den Bauablauf darzustellen und zu optimieren. Zum Bauablauf zählen u. a. die Bauzustände, die bauzeitliche Verkehrsführung, die Baulogistik, der Rückbau und die Baubehelfe. Der Bauablauf wird auf Basis des Koordinationsmodells mit einem 4D-Navigator dargestellt.

Auftraggeber:

DEGES

Zeitraum:

2016 -

Auftragnehmer:

Schüßler-Plan
Grafenberger Allee 293
40237 Düsseldorf
Tel.: +49 211 6102 01
E-Mail an Schüßler-Plan
www.schuessler-plan.de

VIC Planen und Beraten GmbH
Sauerbruchstraße 12
14482 Potsdam
+49 331 74960
E-Mail an VIC
www.vic-gmbh.de